Donnerstag, 26. Dezember 2013

3rd Mind :: Die Fahnen hoch (2)

Das Verlagssignet in Kurzfassung: Ein Erkennungszeichen, auf dem Titel und vorzugsweise auch auf dem Buchrücken angebracht. Ein Kennzeichen der publizistischen und ästhetischen Einheit der Produkte. Im besten Fall das Siegel und der Abschluss auf einem gestalterischen Konzept, dem auch die Typographie und weitere Gestaltung aller Titel unterliegen.

Blicken wir ins Regal, erkennen wir diejenigen, die diese prinzipien befolgen, schon von weitem: Samuel Weiser hat ein Ankh auf dem Buchrücken, Llewellyn eine zunehmende Mondsichel, Ullstein eine Eule (Uhl), die auf einem Stein sitzt, Bastei Lübbe eine stilisierte Festung (Bastei) und auch andere Verlage haben meist einfache, oft geometrische Signets mit hohem Wiedererkennungswert.

Tatsächlich haben einige deutsche Verlage in diesem Bereich des Mediendesigns Hervorragendes geleistet. Man kann die Kompromisslosigkeit der Typographie bewundern, mit der Suhrkamp seine Veröffentlichungen gekennzeichnet hat - keine zeit und kein Interesse an Schnörkeln, selbst das Signet ein schlichtes "st" in der gleichen Schriftart wie der gesamte Umschlag. Das Design mit dem höchsten Wiedererkennungswert ist jedoch wahrscheinlich das, mit dem der Heyne-Verlag seine Produkte auszeichnete.

Auf den Buchrücken - meistens schwarz - prangte eine einfache, auch von weitem erkennbare Form, der sogenannte Heyne-Wimpel. Ich kann ihn von hier aus sehen, er springt mir unaufdringlich ins Auge. Dies sind natürlich alte Bücher, bei neueren Produkten von Heyne wird man nach dem Wimpel lange suchen. Man hat beschlossen, das Design zu modernisieren und behielt von dem Wimpel nur den unteren Winkel <.

 Ja, eine moderne Idee, und um Nietzsche zu paraphrasieren, eine falsche Idee. Wir sehen hier, wie ein individuelles Kennzeichen, das sich selbst Geschichte erarbeitet hat, durch etwas Beliebiges und Austauschbares ersetzt wird. Würden wir uns freuen, wenn von dem Pinguin des Verlages Penguin nur der Schnabel > übrigbleibt? Da Heyne und Penguin inzwischen beide zu Random House/Bertelsmann gehören, bleibt wohl nur, atemlos zu warten.

Aber ehrlich... ein Wimpel, eine Fahne, was sowieso ein klassisches Erkennungszeichen ist... und stattdessen ein Winkel? Und es ist noch nicht mal ein hübscher.

Verlagssignets (TM) und (C) by ihren jeweiligen Eignern
 

Sonntag, 22. Dezember 2013

Fundstück der Woche

Backcover des diesjahrig ausgeteilten Weihnachtskalenders: Herzig gelle?
Und wir wollen uns auch nicht falsch verstehen - der Inhalt des Kalenders war von guter Qualität.
Es ist eher die Verpackung, die mir schwer im Magen liegt...

Schauen wir uns doch die goldige Szene einmal genauer an.
Was ist es da, was man links über dem geschäftigen und anscheinend abgelenkten Weihnachtsmann sieht?

Wollt ihr das arme Kind etwa ewig da draußen stehen lassen - mitten im Schneetreiben, ohne Mütze und Handschuhe? oder ist es etwa... ist es etwa...
Tom?

Wenn wir in diese leeren, hoffnungslosen Augen sehen... sehen wir da ein Kind, voller Vorfreude, oder reine Verzweiflung, gefrorene Tränen auf den Wangen?
Ich glaube, er wird schon langsam steif... und nicht auf eine gute Weise.
 
Tom: dreckige Punks kommen nicht in die gute Stube zur Bescherung.
Stattdessen erfrieren sie still im Schnee.

Dienstag, 17. Dezember 2013

Tom ist erfroren

Der Mund war mir trocken. Vielleicht war ich auch aufgeregt - wenn, dann konnte ich meinen Herzschlag während das Schulorchester seine letzten Akkorde spielte, nicht hören. Wie war ich in diese Situation gekommen?

Weihnachtsfeier, gymnasiale Oberstufe, irgendwann in den 80ern. Irgendjemand - wahrscheinlich der Schlagzeuger - war zu dem Schluss gekommen, dass immer nur Swing oder so bei einer Weihnachtsfeier uncool ist. Also wurde innerhalb kürzester Zeit eine Rockband gesucht. Jeder, der ein Instrument halten konnte, und mir drückte man das Mikro in die Hand.

So kam es dazu, nachdem wir unser Set absolviert hatten - ich glaube "War", "Iron Man", "Centerfold" und das Bacardilied - ich als Musikfaschist verschrien war. Wir hätten nicht versuchen sollen, ein Weihnachtslied zu spielen. oder besser gesagt, man hätte mir nicht das Mikro für ein Weihnachtslied lassen sollen.

Dies Mikro, das mit über den Bassverstärker lief und weissgott kein Gesangsmikro war. Also, so gut jeder auch spielte, es musste eine Punkversion von allem werden, was wir anbieten konnten. An diesem Zeitpunkt war ich schon so auf Adrenalin, purer Panik und Dögen, dass ich ohne Rücksicht auf Verluste los grölte, soweit ich mich noch an den Text erinnern konnte:

"O du fröhliche, O du selige,
Gabenbringende Weihnachtszeit.
Christ ward geboren,
Tom ist erfroren -
Freue dich, o freue dich, du Christensch***!"

Ja, ich weiß. Bad taste. (Aber wenigstens kapitalismuskritisch.)

"Wie die Nazis", war der Kommentar der Lateinlehrerin. Ja, diejenigen die sich das nicht anhören wollten und unauffällig verschwanden, waren nach diesem Konzert die stolze Resistance, und man war sich sicher, dass diese Band und vor allem ihr Frontmann (gebückt vor dem Bassverstärker) die dreckigen Punks waren, für die man sie immer gehalten hatte.

Andere Karrieren haben weniger erfolgversprechend angefangen...


Freitag, 13. Dezember 2013

Happy Wold Newton Day!

Alles Gute zum Gedenken
an das mythische Gründungsdatum
des besten Universums nebenan!
Excelsior!

Samstag, 7. Dezember 2013

3rd Mind :: Die Fahnen hoch (1)

Wider die Vermassung der Kunst kann der Künstler nun bestehen, wenn er laut, auffällig und ordinär ist. Jeder andere versinkt im Ozean der Bedeutungslosigkeit, weil er keine Bedeutung erzwingen kann.

Nun ist es nicht an jedem, sich mit Schweineblut zu übergießen oder mit vorgezogener Waffe einen Kindergarten zu besetzen, damit man ihn bemerkt. Für all diese charakterlosen Langweiler hat irgendwann einmal ein schlauer Mensch die Werbung erfunden, laut, auffällig und ordinär. Damit will natürlich niemand etwas zu tun haben, also hat sich dieser Absatz im Endeffekt selbst ad absurdum geführt.

Der feine Mensch schert sich nicht um die Werbung für das tumbe Volk, aber er hat ein fein entwickeltes Markenbewusstsein.

Nehmen wir einen ganz beliebigen, durchschnittlichen Konsumenten mit einem Arbeitszimmer voller bis unter die Decke gefüllten Bücherregalen. Wie wird er seine Bücher ordnen? Wahrscheinlich thematisch - vielleicht nach Autoren. Nur Geisteskranke ordnen alphabetisch. Irgendein ästhetisches oder taktiles Konzept muss der Ordnung zugrunde liegen. Ich wage zu behaupten, dass all die Bücher, die er nicht thematisch oder nach Autoren ordnen kann, er nach den Verlagen ordnen wird. Wahrscheinlich wird er sogar die Bücher eines bestimmten, geliebten oder verhassten Autoren, die bei einem bestimmten Verlag veröffentlicht wurden, zusammenstellen.

Denn die meisten Verlage haben irgendwann einmal ein Layout und/oder Farbschema entwickelt, nach denen selbst die Buchrücken, die allein noch sichtbar bleiben, zusammenpassen. Und sie haben kleine, feine Erkennungszeichen entwickelt - Verlagssignets, die ihre Titel auch aus einiger Entfernung identifizierbar machen.

Mhhmmm.... Verlagssignets.

Dazu später mehr.

Verlagssignets (TM) und (C) by ihren jeweiligen Eignern
 

Freitag, 6. Dezember 2013

Dunkelheit, am Rand der Stadt

Da ist Dunkelheit am Rand der Stadt
Der Krieg, die Nacht:
    Glasscherbenfinsternis
    & der purpurne Dieselfresser röhrt

Und überall diese kleinen Menschen
mit ihren kleinen Visionen,
    kleine Maschinen
    in Herz und Hirn:
Der Rost schläft nicht.

(Die Indianer auf den Straßen
schlagen die elektrische Trommel.
Sie sagen: Heute ist ein guter Tag zu sterben.
    Aber was ist wirklich gut?
    Und welcher Tod?)

Da ist Dunkelheit am Rand der Stadt

Bushaltestelle, Linie 111 05.12.2013 9:45h