Sonntag, 31. Dezember 2017

Einige Minuten vor der Offlinezeit

So, das Ende naht mit großen Schritten. Die unsichtbare Flamme schlägt empor... Wieder mal.
Das war sicherlich kein gutes Jahr für alle Beteiligten, egal was die Numerologen, Astrologen und Monocerologen vermutet haben - wenn dies ein magisches Jahr ist oder war, dann von keiner Art der Magie, die ich in meinem Tempel haben will. Apo pantos kack-daimonos!
...aber es hat auch früher schon miese Jahre gegeben, und es wird auch wieder miese Jahre geben, gegen die 2017 wie ein Waisenknabe aussieht.
Aber es wird auch wieder gute Jahre geben, vielleicht strengt sich 2018 ja ein bisschen mehr an.
Während die beste Ehefrau von allen nebenan schnell noch einen kleinen Snack zusammenzaubert, schließe ich jetzt alle Seiten im Internet leise hinter mir zu, live von einem Fremdapparat.
Die letzten Tage habe ich in den stillen Minuten nach Mitternacht oft darüber nachgedacht, auf eine elegantere Art der Kommunikation oder des Schreibens zu wechseln, und ich möchte das für mich klären, bevor ich wieder unzusammenhängende Geistesblitze über das Internet ergieße.
Ich nehme mir mal eine Auszeit, packe mir ein Doggypack WLAN für später ein und schaue mal, ob ich die Netzfreie Zeit sinnvoll nutzen kann, um dieses und jenes neu zu formatieren, einige der bereits angekündigten Projekte abzuschließen, oder auch anders.

"Earthstop Icon" © by StudiomxHomepage: http://studiomx.eu

Logotone


Dienstag, 26. Dezember 2017

Shortcuts 2017-12-25


Es ist wieder an der Zeit, ein paar Seiten aus dem Notizbuch zu reissen, oder darüber nachzudenken, ob es sich lohnt, sie ins nächste Jahr mitzunehmen... [Und Werbung... ein Haufen Werbung. Aber es ist schon nach Weihnachten, also ist es okay...]



Von mehreren Titeln mit den Hits (und Fehlschüssen) der letzten 35 Jahre "Spekulative Fiktion" (ist sie das nicht immer), ist inzwischen "Verlorene Welten" veröffentlicht, aber bislang noch nicht in den internationalen Buchhandel gelangt; dies wahrscheinlich dann wenn die anderen Titel gedruckt wurden.
Insgesamt eine schicke kleine Sammlung von ungewöhnlichen und merkwürdigen Geschichten - alte Bekannte, vergessene Freunde und Auson Mazant, der Ewige Held. Ein bischen Nostalgie für Terra Fantasy. Und ein neuer Besuch in Pegana. Denn: Pegana ist die Beste.

Verlorene Welten

Freitag, 1. Dezember 2017

Die Geister im Holz

Jedes Mal, wenn ich am Küchentisch sitze, spüre ich Unruhe. Die Katzen sträuben das Fell und sehen Unsichtbare durch die Dielen sinken. Ein einsames, dunkles Auge in der Maserung des Holzes blinzelt mir zu... es sind die Geister im Holz!
[Click to Supersize]

[Ziemlich cool, was man nebenbei so alles findet, wenn man den Blick offen hält und bereit ist, ein wenig an seinem Smartphone herumzufummeln.]

Mittwoch, 29. November 2017

Flashige Fiction

Kurzes Statement:
An dieser Stelle erscheinen recht unregelmässig kurze Skizzen oder Geschichten, die meistens dann entstehen, wenn ich eine Idee habe, die zu gut für meinen kleinen Verstand ist und ich irgendwann a) frenetisch Worte auf den Bildschirm werfe oder b) einen Text um allzu üppigen Wildwuchs beschneide.
(Das ist richtig, die meisten meiner Geschichten sind beschnitten!)
Oder stream-of-consciousness...
...oder cut-up...
...oder eine andere Art von Selbstbestrafung.
Dies nur mal so am Rande. Anstelle eines neuen Textes erst einmal ein Verweis auf etwas, was ich damals zu Zeiten der 'satanischen Panik' und der neckischen Infobroschüren der Innenbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg geschrieben habe.
Denn wisset, Satinisten und Okkultisten sind ganz böse, genauso wie diese Metaltypen.
Aber am schlimmsten sind

Die Smegma-Sammler vom Sirius!

Sonntag, 26. November 2017

Werkstattbericht 2017-11-26



Hallo von der Nordwestküste des Jadebusens.
Normalerweise grüße ich aus Zollern am Meer, aber das ist leider nur ein mythisches Gefilde; ein Name, der nie verwendet wurde... man könnte auch sagen, eine Idee, die sich nicht durchgesetzt hat.
Zollern am Meer ist nie entstanden, es ist ein Ort, den es nur in einem besser geschriebenen Paralleluniversum als diesem gibt, eine halbmythische Stadt wie Tanelorn, Lankhmar oder Brigadoon. Die graue Realität sieht anders aus, eine dieser typischen norddeutschen Hafenstädte, irgendwie grau, irgendwie schmuddelig, kein übler Ort, aber die Sonne scheint manchmal nur in der Nacht.
Immerhin, Jadebusen klingt ja ganz interessant. Meine Freunde aus dem Reich der Mitte versichern mir, dass "Jade" immer etwas Erhabenes und Wertvolles ist. Konfuzius hat da ein paar schöne Worte für gefunden. Ein "Jadebusen" ist also ein besonders erhabener oder schön geformter Busen.
Das ist doch schon mal was.

Mittwoch, 15. November 2017

Flash Fiction :: Perle der Finsternis

Die Dämonen der Finsternis haben eine Königin, die sie mit aufrichtiger Liebe verehren.

Es gibt keinen unter ihnen, den Dienern und Boten der Finsternis, der nicht alles für einen Wimpernschlag geben würde, selbst sein unsterbliches Leben.

Die Ritter der Finsternis, die Ritter der Unterwelt schenken ihr schwarze Juwelen für ihre weiße Stirn.

(Seelen besitzen sie nicht, und wenn, hätten sie diese schon vor langem vor den kleinen Zehen ihrer bloßen Füße geopfert…)

Niemand wird dies bezweifeln, der sie schon einmal auf ihrem schwarzen Thron im Herzen dieses unbekannten Landes gesehen hat, das manche den Phantom-Kontinent nennen.

In der Finsternis schimmert ihr Leib wie eine Perle. Sie ist nackt wie eine Flamme, ihr langes Haar fällt bis zu den Hüften, blutig rot, und rot wie Blut ist auch ihr hungriger Mund.

(Eine größere Schönheit hat es nie gegeben; wen wundert es, dass die Dämonen sie lieben und jeden Schritt ihrer kleinen Füße verehren?)

Sie ist die scharlachrote Hexe, die Tochter der Hölle, die Werwölfin; die Herrin des Phantom-Kontinentes, der Dunklen Welt, der Hexenwelt.

Sie geht vorbei, und der schwarze Stein seufzt unter ihren Füßen. Selbst die Verdammten weinen, wenn sie sie sehen, denn auch wenn sie im Jenseits, in der Finsternis Gefangene der Dämonen sind, sind sie doch ebenso wie ihre Kerkermeister vor allem Gefangene dieser Schönheit.

Für einen Kuss von ihr würden sie alles geben, aber dieser Kuss würde bis in alle Ewigkeit auf ihrer Haut brennen.

Denn dies ist die Macht der Hexenwelt, das Mal der Dämonen: Schönheit, vor der alles verdorren muss.


Gewidmet Hugh Walker, eine von mehreren Skizzen unter Verwendung der Einzeltitel der Terra Fantasy-Taschenbuchreihe.

Sonntag, 5. November 2017

Pegāna online



F
ür den zielsicheren Leser religiöser Schriften und trockenen Sarkasmus (in diesem Falle aus der Feder eines agnostischen irischen Lords...)

Wikisource
The Gods of Pegāna (1905)
Time and the Gods (1906)

Mittwoch, 1. November 2017

Weird Fiction Ill-ustrated [6]

"Pickman's Model" (Tower of Shadows #9 Jan. 1971), adaptiert von Roy Thomas und Tom Palmer
Was könnte schöner sein, als Halloween ausklingen zu lassen mit einer doppelten Ladung der Dinge, die einen Silberrücken-Fanboy entzücken. "Pickman's Modell" ist eine der bekanntesten und effektivsten Geschichten von H.P.Lovecraft, selbst wenn es stilistisch und in der Auflösung ein wenig hölzern erscheint.
Dennoch, die meisten vergessen den letzten Satz nie wieder, dies atemlose "Verstehst du, Eliot – es war die Fotografie eines lebenden Wesens!"

Wir sind wieder im Turm der Schatten, dieser kurzlebigen pulporientierten Anthologie aus Marvels Silbernen Jahren - wieder Silber - und die Geschichte um den Maler Pickman und sein merkwürdiges Model beginnt wie gewohnt... mit der ungewöhnlich Angst eines Mannes vor dem Untergrund... nicht dem samtenen Untergrund, sondern dem schwarzen Untergrund der Tunnel und Bahnen und Keller und Löcher unterhalb von Boston, MA.
"NIEMALS!", sagt er... Stan Lee hatte damit nichts zu tun.


In Lovecrafts Geschichte werden detailiert die Werke des Malers Pickman vorgestellt, und der Leser begreift nur zu schnell, dass irgendwas mit diesem Mann nicht stimmt... der Realismus seiner grotesken Werke ist unmenschlich, und deswegen noch erschreckender. Und ist somit der Künstler nicht auch bereits mit dem Keim des Unmenschlichen behaftet?
Pickman begegnet einige Jahre später unserem alten Bekannten Randolph Carter von den Unheimlichen Carters aus Arkham und um zu... da ist er bereits zu einem vollständigen Emissär der Ghouls geworden und ist selbst ein Bewohner der Löcher zwischen der Wachen und der Schlafenden Welt geworden.

In der Comic-Adaption ist dies mehr oder weniger identisch. Ordentlich egmacht, sauberer Stil, die Konfrontation, die unheimlichen Kellergewölbe und die verräterische Fotographie, die der Erzähler an sich nimmt und eine lebenslange Angst auslöst. (Und vergessen wir nicht, seine Angst war begründet, denn Pickman selbst, Wechselbald der Kunst wurde zu einem Emissär der Ghoulwelten...)
"Verstehst du, Eliot – es war die Fotografie eines lebenden Wesens!"
Und hier ist das Foto:


Was???
Kermit, bist Du das?
Roy Thomas wird bittere Tränen geweint haben.
War es Zensur, oder ein böser Scherz?
War der Ghoul mit seinen gummihaften Lefzen zu hart für die damalige Zeit?
Oder war es Stan Lee mit einer weiteren Superidee für die Kiddies?
Man weiss es nicht. Wir schließen die Seiten und schleichen langsam nach Hause.
Gute Nacht da draußen, was auch immer ihr seid.

H.P.Lovecrafts Stories visualisiert © by Marvel Comics. 

Dienstag, 31. Oktober 2017

Nachtmusick :: Halloween, eins, zwei, drei...

...time to die.

Und nun ein wenig Sound für die Nacht der Toten.

Mythos :: Die Leiber-Papiere [3]

Die Spinnentunnel
die schwarzen Unendlichkeiten
die Farben der Dunkelheit
die Stufentürme von Yuggoth
die glitzernden Hundertfüßer
die geflügelten Würmer

Die halb geborenen Welten
die fremden Himmelskörper
die Bewegungen in der Schwärze
die verhüllten Gestalten
die nächtlichen Tiefen
die leuchtenden Strudel
der purpurrote Dunst

Montag, 30. Oktober 2017

Bela Lugosi...

...war das originale Monster.


Leider ist nur ein Posterentwurf erhalten geblieben, aber die Fama und Fakten deuten daraufhin, dass Béla aus Lugos, der Held vieler Einträge in diesem schwarzhinterlegten Blog, die erste Wahl für den klassischen Universalfilm über die Kreatur Viktor Frankensteins gewesen war. Er war schließlich ein Star! Frisch nach seinem Erfolg in Tod Brownings "Dracula" (1931) war er natürlich derjenige, an den man sich als erstes wandte; schließlich bekam der bis dahin wenig bekannte Boris Karloff die Rolle und erlangte so (auch 1931) Unsterblichkeit. Aber stellen wir uns mal vor, in einem anderen Universum...


Weird Fiction Ill-ustrated [5]

"The Terrible Old Man" (Tower of Shadows #3, Jan. 1970), adaptiert von Roy Thomas, Barry Smith, Dan Adkins und John Verpoorten
Es ist ein schuldiges Vergnügen, in alten Horrorcomics von DC und Marvel zu blättern... heimlich unter der Bettdecke oder in der Abgeschiedenheit eines weihrauchverhangenen Tempelraums. In diesem vielelicht flüchtigsten aller Medien sind sie die flüchtigsten, und auch die esoterischsten. Sie haben Titel, von denen die wenigsten gehört haben und keine wiedererkennbaren Charaktere. Und dennoch (und gerade deswegen) sind sie vielleicht der reinste Ausdruck des nicht-seriellen Charakters von Mystery, Horror... Weird Fiction.
Und natürlich ist echte Weird Fiction nicht wirklich serientauglich, denn es gibt keine Garantie, dass der Protagonist (oder der Erzähler) zum Ende Geschichte noch am Leben oder bei Verstand ist. Diese alten Hefte, modrig im Geruch und matschig im Druck sind deswegen alle Anthologie, mit drei, vier in sich abgeschlossenen Geschichten, schnell erzählt und schnell vergessen. Aber gerade das macht die etwas esoterische Faszination an diesen Relikten aus, dass die Künstler es trotz all der Ähnlichkeiten und Wiederholungen, trotz der Einschränkungen in Format und Formel es immer wieder geschafft haben, etwas erstaunliches, fesselndes und wundersames zu erzählen...
Da gab es Häuser der Geheimnisse und Mysterien, Gespenster und Ungeheuer in jeder Form und Grösse...Ein erprobtes Format, und doch immer wieder für Überraschungen gut. Ende der 60er Jahre war auch in der Comicbranche eine experimentierfreudige Zeit und der damalige de facto Chefredakteuer von Marvel, Roy Thomas, versuchte in einigen Titeln, Comic-Adaptionen klassischer Weird Fiction-Geschichten unterzubringen - was von seinem abwesenden Vorgesetzten Stan Lee nicht immer mit Gegenliebe erwidert wurde.
In einer der ersten Ausgaben von  "Tower of Shadows" erschien die Adaption von H.P.Lovecrafts "Der schreckliche alte Mann", illustriert von Barry Smith... wie weitere Adaptionen und neue Werke ein finanzieller Misserfolg, weswegen "Tower of Shadows" nach neun Ausgaben den Titel in "Creatures on the Loose" änderte und statdessen begann, Fantasystories zu veröffentlichen... "Gullivar Jones, Warrior of Mars" (ein Vorläufer von John Carter) und "Thongor" (ein Conan-Klon). Die Rechte an Conan selbst konnte man sich kurz darauf sichern und er wurde von Roy Thomas und Barry Smith sehr erfolgreich in Comics umgesetzt...


Wenn man den Schrecklichen Alten Mann sieht, wie er mit den Seelen der toten Piraten in Flaschen spricht, wer hätte das gedacht? (Ehrlich gesagt, sieht er mehr wie Agatha Harkness aus als wie ein schrecklicher alter Mann...) Und wer hätte gedacht, dass aus den eckigen, stark von Kirby geprägten Zeichnungen eines Barry Smith mal die eleganten Zeichnungen von Barry Windsor-Smith werden sollten?

H.P.Lovecrafts Stories visualisiert © by Marvel Comics. 

Sonntag, 29. Oktober 2017

Mythos :: Die Leiber-Papiere [2]

Das Magnum Innominandum
die schimmernden violetten und smaragdgrünen Flügel
die azurnen und zinnoberroten Klauen
die Wespen des großen
Cthulhu

Die existentiellen Salze
die graue verkrümmte spröde Monstrosität
das flötengequälte Pandämonium
die korallenverkrusteten Türme von
R’lyeh

Die Runen von Nog-Soth
Nyarlathoteps Schlüsselbein
die Litaneien von Lomar
die profanen Meditationen von Pierre-Louis Montagny
das Necronomicon
die Gesänge von Crom-Ya
die Diagramme von Yiang-Li

Freitag, 27. Oktober 2017

Mythos :: Die Leiber-Papiere [1]

Der gekerbte Rand
die Proto-Shoggothen
der vorgezeichnete Korridor
das ältere Pharos
die Träume des
Cthulhu

Die Legende von Yig
die Violetten Irrwische
die kugelförmigen Nebel
Canis Tindalos und ihre faulige Substanz
die Natur der Dholes
das getönte Chaos
die Gefolgschaft des großen
Cthulhu

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Mythos :: Die Leiber-Papiere [0]


Prelude:
Eiskalt die Hand am dunklen Fensterglas... Es wird wieder Zeit, in den Leiber-Papieren zu blättern, und stille Beschwörungen zu murmeln, um das essentielle Grauen zu bekämpfen, das einen überkommt, wenn man die Reflektionen in den schwarzen Pfützen auf menschenleeren Seitenstrassen studiert.
Kopfsteinpflaster, schief und rund, dort ist es abgesunken um zwei Fuß nahe dem Bordstein, krebsgelbes Laub ertrinkt in einem schwarzen Pfuhl. Es wird wieder Zeit, in den Leiber-Papieren zu blättern, den eigenen Mythos gegen das kreischende Chaos zwischen den Sternen zu werfen...
Nach Arkham und zu den Sternen, kommende Attraktionen... dies sind die Worte des Propheten, geschrieben auf die Wände der U-Bahn-Tunnel...
(Und was wälzt sich dort heraus aus der Dunkelheit, auf glitzernden Schienen, die allen Strom verloren haben?)

In tiefer Zuneigung gewidmet einem der größten Autoren von Wird Fiction und Sword & Sorcery, Fritz Reuter Leiber, jr. Die nach ihm benannten "Leiber-Papiere" sind der ideale Shortcut in die imaginale Welt des Chthulhu-Mythos und eines der wenigen tatsächlichen "Ebontomes" (Schwarzen Bücher) der Weltliteratur. Einige kurze Zitate reichen, um die Tore in diese multifraktale Parallelwelt zu öffnen: Ihre Worte wirken hypnotisch - Caveat Lector.
(In den nächsten Tagen an dieser Stelle - vergessen Sie nicht, es ist Halloween, die Festzeit aller Seelen und aller Heiligen.)

Sonntag, 22. Oktober 2017

Erdgeister (3)


Flash Fiction :: Halloween Pierrot

Weißes Gesicht, schwarzer Himmel….

Der mondbleiche Mann Pierrot stolpert durch den nachtdunklen Wald. Die Klinge in seiner Hand, scharf wie die Mondsichel, funkelt hell wo sie nicht feucht und schwarz glänzt.

Schwarz ist die Farbe von Blut im Mondenschein. Sein falsches Licht wandelt alle Farben zu Variationen von Grau; die Schatten sind Abgründe, die begierig darauf warten, dass man in sie stürzt.

(Sollte dies geschehen, ist es ein Sturz ohne Wiederkehr.)

Eine Beschwörung: hier der Kreis der Anrufung, dort das Dreieck der Manifestation. Pierrot wendet sein Gesicht dem fahlen Himmelskörper zu: eine weiße reglose Maske, die Augen Teiche absoluter Finsternis.

(Was die meisten vergessen, ist dass der Mond nur ein Spiegel ist, der das Licht der Sonne auf die Erde reflektiert, und wie jeder Spiegel gibt er nur das Antlitz des Betrachters wieder. Er reflektiert unser Licht auch zur Sonne, aber die Sonne sieht uns nicht.)

Pierrot, das Mondmesser in der Hand, ist verrückt vor Liebe. Irgendwo in diesem Wald ist der Schatz seiner Highschool-Tage. Ihr Name ist Colombine, ihr weißer Leib eine fahle Flamme in ihrem weißen Gewand. Ihr Liebhaber heißt Harlekin, und das einzige, was von ihm zu sehen ist, sind seine hellen Augen und das verächtliche Grinsen. Das kranke Mondlicht hat alle Farben seines Flickengewandes geschwärzt.

Pierrot will sie finden, um seine Liebesgeschichte zu erzählen.

(Eine Halloweengeschichte, von weißem Gesicht und weißer Klinge, und dem feuchten schwarzen Glanz im Mondenlicht.)

So stolpert er durch den nachtdunklen Wald, unklar, was sich in dem Dreieck ihrer Beziehung manifestieren wird. Er weiß nur, dass er diese Geschichte erzählen muss, bevor die Sonne aufgeht und die Welt wieder mit wilden Farben erfüllt.

(Manche Dreiecke haben Winkel, die so spitz sind, dass man sich an ihnen schneidet…)

Dienstag, 17. Oktober 2017

Was Sie über Halloween wissen sollten...

...aber niemals zu fragen wagten.




Beachten Sie den stechenden Blick, die riesige Nase und den gepflegten Ziegenbart. Beachten Sie die unheimliche Gewandung, die irritierenderweise einer Mönchsrobe ähnelt. Noch schlimmer, beachten Sie das düstere Symbol in seiner Hand. Das Crux Ansata, das Symbol des Lebens und des koptischen Christentums. In Irland! Wow! Diese Typen waren echt unheimlich...


Gut, wir wissen alle, was Halloween ist. Gespenstermasken, nervige Kinder, die an der Haustür nach Plombenziehern betteln, schlechte Splatterfilme ab 21:15, und ein Haufen Plastikfledermäuse, die so aussehen, als ob sie mit bleiartiger Eleganz zu Boden schmettern werden, sobald man sie nur loslassen würde. Ach ja, und irgendwas mit den alten Kelten, äh Druiden. Diese Typen waren echt unheimlich. Kennt man ja aus Asterix. Und dass die Splatetrfilme und Plastikfledermäuse erfunden haben, macht sie auch nicht vertrauenswürdiger, eh? Ein Glück, dass die Römer mit diesen unheimlichen Typen kurzen Prozess gemacht haben.

Aber wissen Sie eigentlich, warum man Halloween feiert?

Nun, wie Sie aus dem vorhergehenden Bild einer aufrecht christlichen Aufklärungsschrift ersehen können, ist Halloween vor allem der Geburtstag einer fragwürdigen Gestalt mit einem Kürbis auf dem Kopf, der immer seine Kettensäge vergisst, wenn er seine Natter spazierenführt. ("Natter spazierenführen" ist in diesem Zusammenhang kein Euphemismus für andere Tätigkeiten, ihr kleinen Perversen!)
Es handelt sich natürlich um niemand anderen als Lord Pumpkin!



Es könnte sich natürlich aber auch um den Grossen Kürbis handeln. Sie wissen schon, der auf den Linus von den Peanuts immer wartet. Wahrscheinlich ist er nie gekommen, weil er auch hier seine Kettensäge vergessen hatte.

Oder seine Natter spazierenführte.

Freitag, 13. Oktober 2017

Pegāna :: ...erneut

Lord Dunsany:
Pegāna


"Und von den drei großen Bergen, die abseits stehen, und über allen anderen - Grimbol, Zeebol und Trehagobol - wird der Wind des Morgens und der Wind des ganzen Tages blasen, getragen auf den Flügeln aller Schmetterlinge, die gestorben sind auf den Welten, um die Götter und Pegāna abzukühlen.“

Sonntag, 1. Oktober 2017

Wieder mal... der Unheimliche Oktober...

  Dearly Departed... thou art reposted...
In der glorreichen Tradition dieser Seiten stelle ich den gesamten Monat Oktober wieder unter das Motto HALLOWEEN. Es wird dunkel um uns, Samhain naht... die Zeit der Gespenster, Zeit, in der Mottenkiste der Geschichte herum zu kramen und Zitate, Bilder, kurze Momente des Wahnsinns hervor zu zerren...

Der Unheimliche Oktober! Endlich wieder!

"Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung ist Halloween nicht nur eine einzige Nacht, sondern eigentlich eine ganze Jahreszeit. Nun, so genau wollen wir es nicht nehmen, aber ich denke, jeder der an einem frühen düsteren Morgen aus dem Fenster schaut und sieht, wie die Frühnebel sich zögernd aus dem vergilbten Laub verkrümmter Äste lösen, wird erahnen, dass irgendetwas vor sich geht."

Die Zeit endet, und die Tore der Unterwelt schwingen weit auf... manchmal reicht schon ein Blick in die Backpages des eigenen Blogs, um Tote vorüberreiten zu sehen...
Verwandeln wir den Oktober in vier Wochen Magie und Schrecken. Keine bunten Bilder mehr, sondern stattdessen alles, was in der dunklen Jahreszeit zuhause sein könnte. Ich habe noch keine Endauswahl getroffen.Vielleicht tauchen wir in die dunklen Welten der Phantastik, zu versunkenen Kontinenten und in das Nest der Krakengötter. Vielleicht beschwören wir die Geister der Vergangenheit zu körperlicher Erscheinung. Vielleicht zeige ich euch den Schrecken in einer Handvoll Staub...

Es gibt so viele Methoden, verrückt zu werden...

Freitag, 29. September 2017

Pegāna :: Als die Götter schliefen

Lord Dunsany:
When the Gods slept


"Aber als die Götter schliefen, kamen vom Rande, aus dem Dunklen und Unbekannten, drei Yozis, Geister des Bösen, die den Fluss des Schweigens in Galeeren mit silbernen Segeln herauf segelten. Von weit entfernt hatten sie Yum und Gothum, die Sterne, die Wache über Pegānas Tor hielten, blinzeln und einschlafen gesehen, und als sie sich Pegāna näherten, fanden sie eine Stille vor, in der die Götter tief schliefen."

Übersetzung Axel M. Gruner 2017 e.v.

Montag, 18. September 2017

Pegāna :: Der Scherz der Götter


Lord Dunsany:
The Jest of the Gods


"Einmal hatten die Alten Götter etwas zu lachen nötig. Darum machten sie die Seele eines Königs und setzten in sie Ehrgeiz, größer als Könige haben sollten, und Lust nach Ländereien jenseits der Lust der anderen Könige, und in diese Seele setzten Sie Kraft jenseits der Kraft der anderen und heftiges Verlangen nach Macht und starken Stolz. Dann deuteten die Götter erdwärts und sandten diese Seele in die Felder der Menschen, um im Leib eines Sklaven zu leben. Und der Sklave wuchs, und der Stolz und die Machtgier begannen in seinem Herzen zu erwachsen, und er trug Fesseln an seinen Armen. Da machten sich die Götter in den Feldern der Dämmerung bereit zu lachen.

Aber der Sklave ging hinunter zum Ufer des großen Meeres und warf seinen Körper fortund die Fesseln, die daran waren, und schritt zurück zu den Feldern der Dämmerung und stand vor den Göttern und sah ihnen in die Gesichter. Dies hatten die Götetr, als sie sich bereit machten zu lachen, nicht vorausgesehen. Machtgier brannte stark in der Seele des Königs, und es war all die Kraft und Stolz darin, die die Götter darin hineingelegt hatten, und er war zu stark für die Alten Götter. Er, dessen Körper die Schläge der Menschen getragen hatte, konnte nicht mehr die Herrschaft der Götter dulden und vor ihnen stehend bat er sie zu gehen. Bis zu ihren Lippen sprang der ganze Zorn der Alten Götter, denen zum ersten Mal befohlen wurde, aber die Seele des Königs stand ihnen immer noch gegenüber, und ihr Zorn verstummte und sie wandten ihre Augen ab. Dann wurden Ihre Throne leer, und die Felder der Dämmerung kahl, als die Götter fort schlichen. Aber die Seele wählte neue Begleiter."

Übersetzung Axel M. Gruner 2017 e.v.

Dienstag, 12. September 2017

Die Götter von Pegāna



Beim Aufräumen sind mir ein paar Notizen in die Hand gefallen, die ich mir irgendwann beim Recherchieren älterer Fantasygeschichten gemacht habe. Und zwar bei den bewunderungswerten Geschichten von Lord Dunsany, den älteren Zuhörern vielleicht als das große Vorbild von H.P.Lovecraft bekannt. (Und dabei hat Drax, Lord von Dunsany, den "alten Mann" HPL lange überlebt.) Neben den wundervollen Traumgeschichten aus den komischen Ländern jenseits des Yann, elagant und dahingleitend wie eine Barke auf dem Nil, hat es mir vor allem ein extremes Unikat angetan, das irgendwann einmal (unvollständig?) in einer hervorragenden deutschen Anthologie abgedruckt wurde, wo es mich völlig unerwartet überfiel und fesselte:
Die Götter von Pegāna!
Eine komplette Mythologie, ein komplettes Universum.
Ein Unikat, relativ abgeschlossen.
Nicht zu kopieren, obwohl der eine oder andere Autor gerne ein paar Ideen dort abgezweigt hat.

  • Hier ein Link zu einer Version der Originalausgabe von 1911 bei archive.org: >>>
  • Hier der vollständige Text bei wikisource: >>>
  • Die deutsche Anthologie, die mich damals so überrascht hat, gibt es auch noch unter der Hand, zu einem Spottpreis. >>>
  • Und für die Komplementisten, alle Geschichten, die mit dem fabelhaften Reich Pegāna zusammenhängen, gesammelt in einem schicken cthulhoiden Band: >>>
Aber wer ist schon Cthulhu? Wenn er aufwacht, gibt es vielleicht ein wenig Chaos und Zerstörung, aber wenn Skarl zu trommeln aufhört und Māna-Yood-Sushāī erwacht, endet das gesamte Universum. Und deswegen ist er der eine, zu dem nur die Götter selbst beten dürfen.
Achja, eine der Notizen, die ich mir gemacht habe, war: Konvertieren? Oder Weglaufen?
Das war ja schon immer die Frage.

    Montag, 11. September 2017

    Wort der Woche

    Pastiche (fr)
    Pasticcio (it)


    Ein künstlerisches Werk, das offen das Werk eines anderen Künstlers imitiert - entweder im Thema, Stil oder anderen individuellen Besonderheiten. Eine ehrenvolle oder vielleicht bewundernde Imitation ist eine Hommage ("Huldigung" - heutzutage taucht soetwas auch als fan fiction auf), eine überzeichnete oder satirische Imitation ist meist eine Parodie ("Gegenlied"*). Manchmal sind beide jedoch auch nicht voneinander zu unterscheiden; die Wertung des Verhältnisses ist immer eine Interpretation und damit eine Wertung des Lesers selbst.

    * die korrekte Übersetzung ist wohl  "verstellt gesungenes Lied", aber ich stelle es mir vor wie ein besonders schräger Abend in einer Karaoke-Bar, wo die Betrunkenen entweder den Originalkünstler oder sich selbst in völliger Überschätzung ihrer Fähigkeiten parodieren - Stichwort "Fremdschämzentrale".

    Donnerstag, 7. September 2017

    Werkstattbericht 2017-09-07



    Wie aus gut unterrichteten Quellen zu hören ist, ist inzwischen "Digital Burnout" ein großes Thema, und am meisten brennen die Menschen momentan die sozialen Medien durch. Also, warum nicht wieder bloggen, oder ganz steinzeitlich, ein Egozine raushauen? Ist es nicht großartig, im 21. Jahrhundert zu leben? Wir können die komplizierteste Technik aller Zeiten nutzen, aber wir können es auch sein lassen. Freiheit!
    Und ja, ich habe auch keine Lust, Alibipostings zu veröffentlichen. Warum nicht mal ein nichtssagendes, aber interessantes Photo*?

    * Immer Photo, immer Phantasie. Es sieht einfach besser aus**. Geheimnisvoll. Romantisch.
    ** Ich bleibe dabei, ein versales "ß" ist einfach nur eine dumme Idee.

    Mittwoch, 16. August 2017

    Werkstattbericht 2017-07/08-19


    Herzliche Grüße von der Nordseeküste, aus den mythischen Gefilden von Zollern am Meer, aus den letzten Tagen des Sommers, oder wie man hier sagt 'dem irgendwie herbstlichen Schmuddeltagen'. Die vielen interessanten Dinge der letzten Wochen haben meinen Aufenthalt in den weiten Welten des weltweiten Webs etwas kurzgehalten, und ich bin froh, dass ich niemandem wie Warren Ellis einen regelmäßigen Newsletter versprochen habe. Die enttäuschten großen Augen all der Milliarden von Lesern hätte ich nicht ertragen. Andererseits, leider bin ich auch nicht Warren Ellis, es sei denn, ich schaffe es doch noch eine Zeitmaschine zu bauen und ihn zu ersetzen, bevor er bekannt wird. Dann müsste ich allerdings auch trotz Grippe oder Alkoholvergiftzungen, oder womit er sich auch immer sonst die Zeit vertreibt, jede Woche einen wohlformulierten Newsletter zusammenschustern, der irgendwie Sinn macht. Welch ein Glück. Da bin ich freier. Dies hier muss keinen Sinn machen. Nur irgendwie amüsant.



    Thema der Woche
    Alte Bücher, alte Texte, Diebstahl oder Rettung aus der Anonymität der Public Domain?
    "EDITION RETRODOMAIN" läuft langsam an, aber ich werde hier darauf nicht rumreiten. Ein kleines, unschuldiges Seitenprojekt, mit dem ich vor Jahren angefangen habe und das dieses Jahr seine Früchte tragen wird.
    Andere Autoren habe ich dafür nicht begeistern kennen. (Vielleicht wissen sie mehr als ich? Näääh...)
    Außer Peter Stohl.
    Peter Stohl ist ein besserer Mensch als ich. Und fleißiger.
    Wenn die Retrodomaine wenigstens dafür sorgt, dass mehr Texte von ihm veröffentlicht werden, hat es sich schon gelohnt.



    Zitate der Woche
    "Und wie in der materiellen, so auch in der geistigen Produktion. Die geistigen Erzeugnisse der einzelnen Nationen werden Gemeingut. Die nationale Einseitigkeit und Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich, und aus den vielen nationalen und lokalen Literaturen bildet sich eine Weltliteratur.“ (Karl Marx und Friedrich Engels, "Manifest der Kommunistischen Partei")

    "Stephen Oppenheimer in The Origins of the British shows evidence that there was no genocide of ancient Britons by either Celtic or Anglo-Saxon incomers. Genetic sampling shows that 75-95 per cent of the pre-1950 population came from neolithic Iberians who walked here after the last glaciation receded and we were joined to the continent. We are, most of us, descendants of the elves and witches. When you see a photo of a drunken, tattooed yob vomiting in the gutters of San Antonio, watched by a spaced-out chick in a weird hat capering about with a spliff in one hand and bottle of sangria in the other, it’s not decadence, merely modern British elf and witch doing their midsummer solstice thing." (Robert Carver, "Magic mushrooms and the roots of witchcraft")

    "Besonders der Charakter des Pierrot, der in den Darbietungen der commedia weniger als aktiv Handelnder denn als vom Geschehen isolierter, gewitzter Kommentator agierte, avancierte dabei zu einer Identifikationsfigur für die Künstler der Boheme. Verträumt und sensibel, minunter auch mit makabren Zügen, erschien Pierror als Innbegriff des modernen Lebensgefühles und blieb zugleich ein sozialer Außenseiter." (Barbara Martin, "Zwischen Verklärung und Verführung: Die Frau in der französischen Plakatkunst des späten 19. Jahrhunderts")



    Irgendwo im Datenspeicher:

    yanacu huema nahibita cume chipaliqe oquoye iribobi?


    Ein Zitat aus einer inzwischen vergessenen amerikanischen Sprache, das ich unheimlich witzig fand, obwohl ich danach eigentlich nur gesucht habe, um Hintergrunddetails für eine  Kurzgeschichte um Randolph Carters okkulten Mentor Harley Warren zu sammeln. Abgesehen, dass kein Mensch weiß, wie man es ausspricht, sollte man es auch nicht. Obwohl es sich bei manchen Situationen anbieten würde.


    Soundtreck bei Nacht

    Donnerstag, 13. Juli 2017

    Mu, rette uns

    Aus der Apokalypse des Pseudo-Schliemann,
    passend zum Weltgeschehen:

    "Als Baals Stern auf die Stelle fiel, an der heute nur noch Wasser und Himmel sind, erzitterten die sieben Städte, und ihre goldenen Türme und ihre durchsichtigen Tempel tanzten wie Blätter im Sturmwind. Aus den Palästen ergoss sich ein dampfender Feuerstrom. Und das Geschrei der Sterbenden und das Wehklagen der Menge erfüllte die Luft.

    Das Volk suchte Zuflucht in den Tempeln und Zitadellen. Da erhob sich der Weise Mu, der Hohepriester Ra-Mus, und sprach: Habe ich es euch nicht vorhergesagt? Die Männer und Frauen, in ihre kostbarsten Gewänder gehüllt und mit Juwelen behangen, aber flehten: Mu, rette uns! Mu jedoch antwortete: Ihr werdet verderben samt euren Sklaven und Schätzen. Aus eurer Asche werden neue Völker entstehen.

    Und sollten diese Völker je vergessen, dass sie die materiellen Dinge beherrschen müssen, nicht nur um daran zu wachsen, sondern auch, um nicht daran kleiner zu werden, wird sie dasselbe Schicksal ereilen wie euch. Die Flammen und der Rauch erstickten Mus Worte. Land und Leute wurden zerstückelt und vom Abgrund verschlungen."

    Was lernen wir daraus? Auch im Ursprungsland der Zivilisation, als man noch mit Telepathie Pyramiden errichtete und eine blaue Zone bewohnbaren Bodens zu Ehren ihrer außerirdischen Reptilienmeister auf dem Mond baute, waren die Leute auch nicht schlauer als heute.

    Und: Der Weise Mu war ein Arschloch.

    Donnerstag, 22. Juni 2017

    3rd Mind :: Cuttin' up 220s

    Man kann halten davon, was man will: der fromme Kabbalist, der über den ersten Buchstaben der Genesis meditiert und alle möglichen Permutationen der zufälligen Anordnung der Lettern des Heiligen Buches scannt, ist bereits ein Cut-up. Jeder Buchstabe ist heilig: macht keinen Unterschied zwischen dem einen und einem anderen.

    Aber wenn jeder Buchstabe heilig ist, ist auch jede Kombination dieser Buchstaben heilig und voller Bedeutung. Die Heilige Kabbala, die der erste Adam am Flammenschwert lernte, die Sprache des Paradieses, die Henoch noch sprach und die ihn hoch in die Himmel erhob. Eine Flugscheibe, betrieben von orgasmischer Inspiration.

    Dies ist Temurah, Cut-up in dem Glauben, mit dieser Methode das esoterische Substrat und die tiefere spirituelle Bedeutung der Worte ableiten zu können. Das Wort war bei Gott, inzwischen hat es uns alle infiziert: ein Virus aus dem Weltall. Und wie alle Viren enthält es das Programm zur Vermehrung und Ausbreitung, besitzt aber keine eigenständige Replikation. Es ist auf den Stoffwechsel seines Wirtes angewiesen – das menschliche Unterbewusstsein – um seine Erbinformationen zu vervielfältigen. Cut-up ist die Technologie des Virus; der Remix die Methode, nach der sich das Wort schon immer vervielfältigt hat.

    Jeder Text, auch der zufällig entstandene, ist nur ein Teil der Gesamtheit von Texten; ein Narbengewebe von Zitaten aus unzähligen Stätten der Kultur. Die Erkenntnis, dass man auch nur eine Teilgeschichte der menschlichen Geschichte ist: „Es ist falsch, zu sagen: Ich denke. Es müsste heißen: Man denkt mich.“ - Rimbaud an Georges Izambard. Nicht der Autor, sondern der Leser ist der Sinnstifter, automatisch die Schnittwunden ignorierend.
    In die Zukunft linsend.

    Mittwoch, 21. Juni 2017

    Zitat des Tages

    „Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. Nach ihrer Eroberung strebe ich, sicher, sie nicht zu erreichen, zu unbekümmert jedoch um meinen Tod, um nicht zumindest die Freuden eines solchen Besitzes abzuwägen.“
    André Breton: Erstes Manifest des Surrealismus (1924)

    Dienstag, 20. Juni 2017

    3rd Mind :: Cuttin' 220s

    Marx sagt, die Welt verändern. Rimbaud sagt, das Leben verändern.“ Wer hat recht? Breton betont des Weiteren, dass man mit dem Cadavre exquis über ein unfehlbares Mittel verfüge, das kritische Denken auszuschalten und der metaphorischen Fähigkeit des Geistes freie Bahn zu verschaffen.

    Der Cut-up, die Schnitttechnik, die von William S. Burroughs und Brion Gysin, den Magiern der Beatgeneration, entwickelt wurde, hat die Technologie und Möglichkeiten des Remixes und der Collage in die Literatur gebracht. Aus dem zerschnittenen und wieder zusammengefügten Text entsteht ein neuer, der einen geheimnisvoll verschlüsselten Sinn zu haben scheint. Es ist eine Form der Erzählung, die nicht nur neue Sinnzusammenhänge nahe legt, sondern auch geeignet scheint alogische Vorgänge wiederzugeben und Synchronizitäten zu erzeugen.

    „Jede erzählende Passage oder jede Passage, sagen wir, poetischer Bilder kann beliebig oft variiert werden, und alle Variationen können in sich interessant und gültig sein. Eine zerschnittene und neu arrangierte Seite von Rimbaud wird einem gewissermaßen neue Bilder liefern - wirkliche Rimbaud-Bilder - aber neue...“ Das Cut-up erschafft seine eigenen Kreaturen, aus Einzelteilen zusammengesetzt, die Schnitte grob vernäht – der exquisite Kadaver unseres Erzählspieles.

    Aber der Leser beginnt automatisch die Schnitte/Schnittstellen zu ignorieren, wie bei einem mehrspaltigen Text, wo die horizontale Bewegung immer unbewusst über den Spaltenrand hinweggeht, aus der Gegenwart des Lesemomentes in die Zukunft des Textes linsend. Er stellt neue Verbindungen zwischen den einzelnen Bildern her, so dass sich sein Vorstellungsvermögen erweitert, transformiert wird, jenseits der Grube der Vernunft...

    Sonntag, 11. Juni 2017

    Mythos :: Der unbekannte Mr. Kirowan


    Einige Notizen zu einer Nicht-Serie von Robert E. Howard

    (Zu seinem 81. Todestag)

    Robert E. Howard (1906 – 1936), der dunkle Kelte aus Texas, hat neben vielen interessanten und fesselnden Abenteuergeschichten in historischem und pseudo-historischem Milieu auch mehr als eine Weird Fiction-Geschichte hinterlassen. Viele davon eher konventionell, nicht seine besten, und einige, die – wohl seiner Brieffreundschaft mit H.P.Lovecraft geschuldet – Anklänge an den Mythos haben, oder diesem direkt zuzuordnen sind. Auch diese sind nicht unbedingt seine besten, aber Howard war ein so erstklassiger Erzähler, dass es ihm unmöglich war, eine langweilige Geschichte zu verfassen.

    Von diesen Geschichten werden einige in der Literatur oft zu einer "Serie" zusammengefasst, da in ihnen die gleichen Personen vorkommen – manchmal werden diese sogar dem Genre der "okkulten Detektive" zugeordnet. Gewöhnlich wird diese "Serie" – und wir werden gleich sehen, dass es eine "Nicht-Serie" ist – nach den Protagonisten "Conrad" und "Kirowan" benannt. Es sind folgende Geschichten, von denen nur die ersten vier zu Howards Lebzeiten publiziert oder verkauft wurden. Nicht alle der Geschichten werden in jeder Auflistung berücksichtigt, auch dies ein Indiz, dass man sich wohl doch nicht so sicher ist:

    • 1. "The Children of the Night" – zuerst veröffentlicht in "Weird Tales", Ausgabe April-Mai 1931
    • 2. "The Thing on the Roof"– zuerst veröffentlicht in "Weird Tales", Ausgabe Februar 1932
    • 3. "The Haunter of the Ring" – zuerst veröffentlicht in "Weird Tales", Ausgabe Juni 1934
    • 4. "Dig Me No Grave" – zuerst veröffentlicht in "Weird Tales", Ausgabe Februar 1937, auch veröffentlicht unter dem Titel "John Grimlan's Debt".
    • 5. "Dermods Bane" – zuerst veröffentlicht in "Magazine of Horror", Ausgabe Herbst 1967.
    • 6. "The Dwellers under The Tombs"– zuerst veröffentlicht in "Lost Fantasies 4", 1976
    • 7. "The House" (Fragment) – eine von August Derleth abgeschlossene Fassung erschien unter dem Titel "The House in the Oaks" in "Dark Things", 1971


    Donnerstag, 8. Juni 2017

    Zitat des Tages

    "Unwissenheit ist Versagen; die Maske der Furcht. Wer die Stimme in sich zum Schweigen zwingt, die die ewigen Fragen der Schöpfung stellt, zwingt die Antwort zu schweigen und läßt Furcht sprechen. Fürchte keine Frage und fürchte keine Antwort. Da ist ein Platz für alles."
    Aus dem Initiationsritual der "Grünen Loge"


    Donnerstag, 1. Juni 2017

    Weird Wide Web 2017-06

    Ein Haufen Links, der gerade in der internen Festplatte rumspukt - unter anderem für die Aluhutfraktion:

    Weird Fiction:

    "Das Stigma des Tieres" (The Mark of the Beast), von Rudyard Kipling

    "The Children of the Night" von Robert E. Howard

    Cthulhu Files, unfangreiche bibliographische Übersicht über den Mythos und die Mythographen


    Weirdos:

    "The Encyclopedia of the Gothic", 2 Volume Set, Eintrag: Crowley, Aleister

    "How I Found The Lost Atlantis, The Source Of All Civilization" von Dr. Paul Schliemann (1912, genauso glaubwürdig wie die Entdeckung von MU)


    Weird Shit:

    "Aufschlüsse zur Magie aus geprüften Erfahrungen über verborgene philosophische Wissenschaften und verdeckte Geheimnisse der Natur" von geschrieben von Karl von Eckartshausen (in der Kongressbibliothek, persönliches Exemplar von Harry Houdini)

    Naacal - die sagenumwobene Sprache (?) der Priester (?) von Mu (?) - immer wieder gut in Gruselgeschichten. Harley Warren war einer von drei Menschen, die fließend Naacal sprachen.

    Lang lebe MU! Ewige Blumenkraft!
    Ehre den JAM!





    Donnerstag, 25. Mai 2017

    Mythos :: Inside, Outside, Darkseid




    Notizen aus dem Schwarzen Buch

    Der Outsider von H.P.Lovecraft ist eine seiner bekanntesten Geschichten, oft kopiert, doch nie erreicht. Sie berichtet von den Erinnerungen eines unbekannten Wesens, der sich selbst außerhalb aller menschlichen Sphären findet und schließlich nach einem anstrengenden Aufstieg und einer nächtlichen Wanderung durch die Wildnis in einem Festsaal wieder findet, wo der Blick in einen Spiegel seine Identitätskrise auf drastische Weise löst. Außergewöhnlich wie sie auch sein mag, haben wir hier wie so oft die Auflösung des Grauens in der Enthüllung – die kognitive Dissonanz, die in anderen Geschichten desselben Autoren so oft Wahnsinn und ein völliges Versagen aller mentalen Funktionen hervorruft.

    Es ist die Konfrontation mit dem Fremden, die Lovecrafts Helden nicht überstehen können: Es ist die konservative Pose, dass die Welt wie sie ist gut sei, dasjenige aber, was den Gesetzmäßigkeiten und Traditionen widerspricht von Übel ist; bestenfalls Teil einer Gegenschöpfung – oder eines anderen Universums. Obwohl Lovecraft Agnostiker war, beschreibt er das Fremde dennoch gerne als blasphemisch (in der ursprünglichen Bedeutung „gotteslästerlich“. Dies ist der Quell des kosmisches Grauens – die Welt ist nicht so wohlgeordnet, wie es den Anschein hat, sondern ist in Wirklichkeit ein kriechendes Chaos, das von Mächten regiert wird, die den Menschen ebenso wenig verstehen oder achten wie dieser sie verstehen könnte.

    Es ist nicht nur eine konservative Pose, sondern auch eine religiöse Pose – eine Frage des Glaubens. Es ist die alte theologische Frage nach der Existenz des Bösen und der Allmacht Gottes. Kurz zusammengefasst: Wenn Gott gut ist, warum gibt es das Böse, d.h. warum geschehen „guten“ Menschen schlimme Dinge. Wenn Gott das Böse geschehen lässt, ist er entweder nicht allmächtig oder nicht gut. Ein vollkommen allmächtiger (einziger) Gott würde alle Eigenschaften enthalten, dann gäbe es aber keinen Grund mehr, das Böse zu benennen. Die Dichotomie des Seins, exemplarisch vorgeführt am Charakter des Mythos.


    Das Paradoxon Lovecraft: Rational war er ein Agnostiker, emotional ein Oneiromant, der die Realität von Träumen verwirklichte. Nun scheint Glauben nichts anderes zu bedeuten als Dinge, die allgemein für gut befunden werden, also im Grunde willkürlich gewählte Adjektive und Eigenschaften – es ist dennoch nicht Wissen. Und trifft dies nicht ebenso auf Lovecrafts wissenschaftlichen Agnostizismus zu? Die Postmoderne Kritik an Lovecraft geht an dem zugrunde liegenden Paradoxon vorbei, seine kritisierte Fremdenfeindlichkeit und alle anderen eigentümlichen Charaktereigenschaften sind diejenigen, die seinem Glauben entsprangen und als solche nicht ungewöhnlicher oder verwerflicher als die anderer Autoren, egal wie unangebracht sie dem heutigen Leser erscheinen.

    Jedes Weltbild – jeder Glaube – entsteht durch die Geschichte, die ihm zugrunde liegt, und jede Geschichte ist auf die eine oder andere Weise von einem Antagonismus geprägt, der die (literarische) Schöpfung definiert: Hell/Dunkel, Außen/Innen, Leben/Anti-Leben, Gott/Anti-Gott. Im Glauben ist es immer das Andere, das Fremde, Unbekannte – der Schatten – der Schrecken und Furcht hervorruft – er ist eine Notwendigkeit, um den Widerspruch zwischen dem Glauben (dem Ideal) und der kognitiven Dissonanz der Welt an sich (der Wirklichkeit) zu erklären.

    Für all jenes, das als gut befunden wird, wird automatisch etwas anderes als schlecht oder sogar böse definiert. Es ist somit die Kategorisierung, die willkürliche Wahl der Adjektive und Eigenschaften, die das Bild des Schreckens definiert. Erinnern wir uns hier daran, dass Lovecraft sehr oft von moderneren Kritikern sein von Adjektiven geprägter Stil bemängelt wird, so sehen wir, dass er tatsächlich in einer Art unbewusster Sprachmagie das Fremde/Böse heraufbeschwört.

    Wir sehen hier eine Neuinterpretation des Außenseiters, mit einem unheimlichen Bezug zur Gnosis der Alten. Es ist nicht so sehr das Fremde, was uns bedroht, wir selbst sind Fremde in einem Fremden Land - das Universum, ungeschminkt, ist fremdartiger als alles was wir uns bis dato eingeredet haben. In Lovecrafts Werk steht die Gnosis immer am Ende der Erzählung, es ist dieser schmerzhaft empfundene Moment kognitiver Dissonanz und Zerstörung, der den Glauben ad absurdum führt, in dem die Maske fällt und die Wirklichkeit tatsächlich so wahrgenommen wird, wie sie ist – chaotisch und unberechenbar, zerstörerisch und vom Menschen nicht beherrschbar.

    Die wahren Herrscher sind die blinden, idiotischen Archonten, die dies Universum als Kerker für unsere unsterblichen Seelen erbaut haben: Azathoth, Jaldabaoth, Saklas, Samael, der Blinde Gott, das Gift Gottes.


    20. März 2015, während des Schreibens von "Der Insider"

    Kirby Thorsday


    Hela - die Göttin des Todes! aus "Journey into Mystery"
    "Thor" und "Asgard" visualisiert by Jack Kirby, © by Marvel Comics.

    Sonntag, 21. Mai 2017

    Archetypisch cthulhoid

    Below the thunders of the upper deep,
    Far, far beneath in the abysmal sea,
    His ancient, dreamless, uninvaded sleep
    The Kraken sleepeth: faintest sunlights flee
    About his shadowy sides; above him swell
    Huge sponges of millennial growth and height;
    And far away into the sickly light,
    From many a wondrous grot and secret cell
    Unnumber'd and enormous polypi
    Winnow with giant arms the slumbering green.
    There hath he lain for ages, and will lie
    Battening upon huge sea-worms in his sleep,
    Until the latter fire shall heat the deep;
    Then once by man and angels to be seen,
    In roaring he shall rise and on the surface die.
    "The Kraken", Alfred, Lord Tennyson (1809–1892)


    Und überall Friede, im Meer, in den Landen.
    Plötzlich wie Ruf eines Raubtiers in Banden:
    Das Scheusal wälzte sich, atmete tief,
    Und schloß die Augen wieder und schlief.
    Und rauschende, schwarze, langmähnige Wogen
    Kommen wie rasende Rosse geflogen.


    "Trutz, Blanke Hans", Detlev von Liliencron (1844 - 1909)

    Sunday Pin-up

    Das blauäugige Ding und der Donnergott haben ein "Missverständnis" in "Fantastic Four" No.73
    "Thor" und "Asgard" visualisiert by Jack Kirby, © by Marvel Comics.

    Samstag, 20. Mai 2017

    Der Weltraum... unendlich und breit


    Der Geist ist wie eine Pflanze - er wächst, wenn er begossen wird. Nein, kein Loblied auf den Alkohol. Die besten Ideen habe ich meistens, wenn ich im Regen wandere. Die hohe Kunst der Prokrastination, manchmal kommen solche Sachen auch, wenn man an gar nichts denken will, also während einer typischen 8-Stunden-Schicht, wenn der Wahnsinn an die Zimmerwände hämmert oder sich in der integralen Struktur der Programme widerspiegelt, mit denen man arbeiten muss. Hatte vor ein paar Tagen im Keller gekramt, um zu sehen, ob ich in den letzten 40 Jahren nicht doch mehr Science Fiction geschrieben habe, als das, an was ich mich erinnere. Ich dachte, so aus Gag wäre es doch witzig, eine von den ganz üblen Sachen aus meiner Kindheit mal schnell in einem vernünftigen Stil rauszurotzen. RetroSF im Stil der 30er Jahre! Photonenpistolen und heulende Zyklotrone! Sozusagen ein Abstecher in die Embryonalphase meiner Pulpwelten. Ach ja, jetzt weiß ich wieder, warum ich mich an manche Sachen nicht mehr erinnere. Captain Galaxo! Commander Dorrow! Powerrak! Was habe ich damals eigentlich gemacht? Anscheinend war ich ein großer Fan von Raumschiff Enterprise, Captain Future und Perry Rhodan. Achja, und Goldorak. Superroboter machen alles besser.

    Regenidee 942:
    Wenn Du mal nichts besseres zu tun hast, junger Jedi
    • RetroSF im Stil der 30er Jahre. Und wenn Du das wirklich schreibst, dann wie ein Autor aus der Zeit.
    • Vergiss alles andere. Vergiss Captain Galaxo. Klau bei Dir selber was besseres.

    Richtig. Da unten im Keller liegt noch mehr. Und ich musste natürlich mich gleich hinsetzen und ein Exposé für eine Retro-SF-Serie hinhauen, die es sich gewaschen hat. Und die ich wahrscheinlich nie schreiben werde. Sonne macht dumm - Regen übermütig.

    Mythos :: Die unheimlichen Carters [2]



    Notizen aus dem Schwarzen Buch

    "Der graue, alte Gelehrte, munter wie zu Lebzeiten, sprach lange und eindringlich von ihrem alten Geschlecht und von den sonderbaren Visionen der delikaten und sensitiven Männer, die es bestimmten. Er sprach von dem flammäugigen Kreuzfahrer, der den Sarazenen, die ihn gefangen hielten, wahnsinnige Geheimnisse ablauschte; und von dem ersten Sir Randolph Carter, der die Magie studierte, als Elizabeth Königin war. Er sprach auch von jenem Edmund Carter, der während des Salemer Hexengerichts dem Strang nur knapp entkommen war, und der in einem antiken Kasten einen großen, silbernen Schlüssel verwahrt hatte, der von seinen Ahnen auf ihn gekommen war."
    H.P.Lovecraft: "Der Silberschlüssel"

    Randolph Carter war nicht der erste und letzte seiner Familie, dem ein unheimlicher Ruf zu eigen war. Er war nur der Bekannteste. Auch einige seiner Ahnen, "tollkühne, verabscheute und fremdartig beseelte Männer" brachen Torwege durch die titanischen Mauern zwischen der Welt und dem außerhalb liegenden Absoluten. Es ist bereits von jenem Hexenmeister Edmund Carter gesprochen worden, der in den Bergen nahe Arkhams etwas von den Sternen herabrief oder aus den Krypten der innersten Erde heraufbeschwor, als er 1692 aus Salem dorthin fliehen musste, um dem Strang zu entgehen.
    Aber es gab auch einen Sir Randolph Carter, einen Gelehrten zur Zeit der Königin Elisabeth - jemand, der im Verborgenen die Dinge tat, für die der wundersame Dr. John Dee später bekannt werden sollte, in dem manche seinen Kollegen und Mentor sehen. Manche unterstellen auch, dass es sich bei Dee und seinen Kollegen nicht nur um Wissenschaftler, sondern auch um eine besondere Art von geheimen Dienst im Auftrag der Königin gehandelt haben könnte - in dem Geheimzeichen von Dee war er sofort wieder zu erkennen... zwei Brillengläser mit Bügel... OO7.
    Wir wissen heute nicht, was Sir Randolph Carter in der Abgeschiedenheit seines Anwesens von Linwood (heute Atwood) verrichtete. Er unterhielt Kontakte bis herab an die Barbarenküste und korrespondierte mit Ausländern und Verbannten (ein Puritaner aus der Familie Kane sei hier erwähnt). Aber so wie Dee verlor auch Carter die Gunst der Hofes spätestens mit der Thronfolge des für seine Hexenverfolgungen berühmten Jakob I. im Jahre 1603. Die Ländereien in Linwood verfielen, und das Geschlecht der Carters verstreute sich über die Kolonien zu Neuengland.
    Es gab Hexer unter den Carters von Neuengland, aber auch strenge Puritaner, die sich von all den Gräueln der Alten Welt bewusst abwandten.
    Vielleicht wussten sie, dass die Mauern, die die göttliche Ordnung vor dem außen liegenden fremden Absoluten schützten, bereits durchbrochen waren. Und dass dahinter das Blinde Chaos auf seinem Thron lauernd wartet, bis die Zeit gekommen ist, dass die Sterne recht stehen und alle Tore sich vor dem verbotenen Schlüssel der Wissenden öffnen.

    Sonntag, 14. Mai 2017

    Sunday Pin-up

    Irgendwann endet die Reise ins Mysterium, und geht über in das komplett Phantastische. Götter gegen Außerirdische! Die Schwarze Galaxis! Der Lebende Planet! Zu diesem Zeitpunkt wurde die ursprüngliche Serie nach ihrem Helden umbenannt und hieß schlicht 'THOR'.
    Ein Detail aus "The Mighty Thor" No.132
    "Thor" und "Asgard" visualisiert by Jack Kirby, © by Marvel Comics. 
    Als Repost und Korrektur von HIER

    Donnerstag, 11. Mai 2017

    Kirby Thorsday :: The Return


    Der Ebergott aus "Journey into Mystery" No.103
    (immer noch schweinegeil!)
    "Thor" und "Asgard" visualisiert by Jack Kirby, © by Marvel Comics.

    Montag, 1. Mai 2017

    Mythos :: Die unheimlichen Carters [1]



    Notizen aus dem Schwarzen Buch

    "Die Berge hinter Arkham sind voll von unheimlicher Magie – von etwas, das vielleicht der alte Hexenmeister Edmund Carter von den Sternen herabrief oder aus den Krypten der innersten Erde heraufbeschwor, als er 1692 aus Salem dorthin floh."
    H.P. Lovecraft & E. Hoffmann Price:
    "Durch die Tore des Silberschlüssels"

    Es ist etwas Unheimliches an dieser Familie Carter - und reden wir nicht einmal von ihrem entfernten Verwandten, der durch eine fortgeschrittene Form der Astralreise auf einen fremden Planeten gelangte und die phantastischen Berichte seiner Abenteuer dort an uns übermittelte. Es sind vor allem die Carters von Neuengland, die immer wieder in unheimliche (oder phantastische) Geschehnisse verwickelt sind - oder sie vielleicht sogar hervorrufen.

    Und von all diesen ist vielleicht Randolph Carter der unheimlichste. Ein Träumer, ein Okkultist; ein Schriftsteller, dessen Veröffentlichungen in dem Schundmagazin Whispers zu einem Skandal führten und der in einige unerklärliche Vorfälle - und Todesfälle - verwickelt war. Wir erkennen in ihm unschwer das Alter Ego seines Biographen H.P. Lovecraft, einem anderen Träumer, der viele dieser außergewöhnlichen Visionen in dem Schundmagazin Weird Tales veröffentlichte.

    Während sein unweiter Verwandter, jener andere Carter, nur einen einzigen Planeten erreichte und eine unvergleichliche Prinzessin fand, durchschritt Randoplph Carter den ganzen Raum der realen und Traumwelt bis hinein in weitere, bislang unerreichte Dimensionen - er wurde zu einem Bewohner der - nutzen wir einen fiktiven Begriff - Hyperzeit.

    Randolph Carter ist - als Alter Ego des Autoren vielleicht erklärlich - der einzige wiederkehrende "Held" in Lovecrafts originalen Mythoserzählungen. Es sind sogar ganz genommen sieben, in denen er auf die eine oder andere Weise - in der einen oder anderen Gestalt - auftaucht:

    Sonntag, 23. April 2017

    Flash Fiction :: Aus den Tiefen

    "Der Mond ist vom Himmel gefallen und hat sich wieder der Erde vermählt, aus der er einst geboren wurde; Abgründe haben sich eröffnet, die seit Äonen verschlossen gelegen haben, und all des Menschen Werk ist in Staub zerfallen. In toter Stille schlafen die zerfallenen Häuser und die trümmerbedeckten Straßen, dort, wo vor Zeiten einst die Mengen wandelten, geschäftig, eilig, den Geschäften einer edlen Dynastie verpflichtet. Doch nun herrscht nur noch Schweigen und Finsternis, und manchmal scheint es, als ob man Murmeln und Schlurfen hört, und ein Geräusch, als ob sich tief unter der Erde Türen öffnen und schließen würden.
    Es heißt, dass manches Nachts schlanke, bleiche Gestalten aus den schwarzen Reichen von Yoth und Naggai, Atvatabar, Mizora, Skartaris emporsteigen, um im Licht der schwarzen Sterne in den Trümmern einer lang vergang'nen Zivilisation zu wandeln. So groß ist ihre Schönheit, dass jeder, der sie sieht, mit seinem Leben bezahlen muss, wenn der Schlag seines Herzens vor Verzückung innehält. Sind es Engel, sind es Seelen?
    Oder nur die feenhaften Geister derer die lebten, bevor der Mond sich der Erde wieder vermählte? Bleich und schlank sind sie, unbekleidet, fahl im Sternenlicht. Über ihren maskenhaften Gesichtern sträubt es sich bebend wie ein Knäul augloser Nattern, oder der Tentakelkranz einer Seeanemone.
    Ein Geräusch ertönt, als ob sich tief unter der Erde Türen öffnen und schließen würden…
    Dann herrscht wieder Dunkelheit und Leere.

    (Gestrichenes Material aus "An den Ufern von Demhe")

    Samstag, 22. April 2017

    Die Welt: heute, morgen, gestern

    Ein Jahrzehnt der alltäglichen Katastrophe. Tod und Verderben werden nur noch schlagzeilenweit und werden schnell vergessen. Man hat sich längst an die Unausweichlichkeit des Genozids gewöhnt, die Reizschwelle ist längst überschritten, niemand kümmert sich noch um den Terror der Modernen Welt.

    Das Unnormale, Unmenschliche – es ist zum Normalen geworden... dies ist die gemeinsame Realität, an die das Universum gebunden, oder besser noch, gekettet wurde.

    Denn es gibt keine Alternativen mehr. Wo ist die Evolution, wo ist die Revolution?

    Es ist immer das Ende der Welt, wie wir sie kennen; nie der Beginn einer Welt wie wir sie wollen: Karmageddon, jeder bekommt was er verdient; die Heilige Harpokalypse, der Weltuntergang in aller Stille.

    (Gesammelte Editorials 1992-2017, aus "Zarathustra im Fegefeuer", demnächst auf diesem Kanal) 

    Anmerkung der Redaktion:
    Wenn man bemerkt, dass die meisten dieser Sätze 25 Jahre alt sind, könnte man nachdenklich werden. Muss man aber nicht. In den Worten des Barden: Es bleibt schwierig.

    Donnerstag, 20. April 2017

    Shortcuts 2017-04-20

    Abt. Zitat der Woche
    "From here, the Nineties look like the bloody Enlightenment. Back then, we were just a hungover post-imperial nation that was expected only to fuck, take drugs, make art and dance really badly. Now, the fight for the future is on."
    Warren Ellis,  Always A Mad Rush - Orbital Operations 9 Apr 17



    Abt. Verdammte Bücher
    Beim Durchblättern ganz alter "Phantom Stranger"-Comics - wie immer auf der Suche nach Trivia und Ideen, um meine Mitmenschen zu plagen - stolperte ich über die kurze Erwähnung eines weiteren dieser schätzenswerten "verdammten" Bücher, das so genannte "Ebontome". Nicht schlecht, dachte ich. "ebon" von "ebony", also Eibenholz, im Sinne von "dunkel, schwarz", seit dem 16. Jahrhundert belegt + "tome", ein Band eines mehrteiligen Werkes, im Sinne von "ein großes Buch" auch seit dem 16. Jahrhundert belegt.
    Also, "Das Große, Schwarze Buch"... geht einem auf jeden Fall viel leichter von der Zunge als das Nekronomoni... Nekumonikrumm... Kommorum?



    Momentan macht der Trailer für den neuen "Thor"-Film die Runde, und allüberall klappen die Kinnladen runter.
    Wäre es vielleicht Zeit, die alte Sitte des "Kirby Thorsday" wiederaufleben zu lassen?
    >>> Archiv



    Abt. Fundstück der Woche
    A great friend of mine who rarely came to the Lilas came over to the table and sat down, and just then as my friend was ordering a drink from Emile the gaunt man in the cape with the tall woman passed us on the sidewalk. His glance drifted toward the table and then away.

    “That’s Hilaire Belloc,” I said to my friend. “Ford was here this afternoon and cut him dead.”

    “Don’t be a silly ass,” my friend said. “That’s Aleister Crowley, the diabolist. He’s supposed to be the wickedest man in the world.”

    “Sorry,” I said. 

    ERNEST HEMINGWAY, A Moveable Feast

    Donnerstag, 13. April 2017

    Mythos und Mehlkartoffeln

    Seien wir doch mal ehrlich…
    Soweit sind wir gekommen, aber die Vorstellung, in dieser modernsten aller Zeiten, der „Zukunft nach dem Bild der Vergangenheit“, in einer Epoche des galoppierenden Materialismus, der Wettbewerbs- und Medienkultur, seine Zeit mit metaphysischen oder vielleicht sogar idealistischen Suchen zu verschwenden, ist doch ziemlich bizarr, oder?
    Wer braucht schon Mythos, wenn es abends Mehlkartoffeln gibt, frittiert und nach EU-Norm?
    Wir brauchen nicht mehr suchen, im Informationszeitalter kann man Maschinen für sich suchen lassen.
    Die Bildschirme flackern: Geheimnisse gibt es nicht mehr, also auch nicht das Geheimnisvolle oder Unerklärliche.
    Ja, es sieht tatsächlich so aus, als hätten wir alle Antworten, aber vielleicht keine Fragen mehr.
    Die Banalität des Alltags lässt auch alles andere banal erscheinen, Fakten sind Waren, Waren sind Fakten; das einzig aufregende ist vielleicht noch die Fiktion.
    Und ja, wir haben es geschafft, das Universum an eine gemeinsame Realität zu binden, die langsam anfängt, genauso banal zu erscheinen.
    Andererseits, wir haben alle ‚Illuminatus’ gelesen – und nicht den Schrott von Dan Brown – und sollten wissen, dass die Konsensrealität nur eine Facette des holographischen Universums ist, das auch ganz anders aussehen kann, wenn man nur einmal den Blickwinkel ändert und unter seine Haut blickt. (Universum und Individuum spiegeln sich ineinander wider, und das eine enthält das andere.)
    Mehlkartoffeln, die Befriedigungen des Alltags, mögen vielleicht den Körper sättigen, was aber mit den Appetiten des Geistes und der Seele?
    Wir suchen weiterhin nach einer Sprache, die das Universum nicht ignorieren kann; diese Sprache ist die der Magie.

    (aus "Zarathustra im Fegefeuer", demnächst auf diesem Kanal)